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Aktuelles Schuljahr


LK Geschichte und weitere interessierte Schülerinnen und Schüler besuchten Verdun

Was ist in Verdun im Ersten Weltkrieg passiert? Wie sah das Leben dort zu dieser Zeit aus? Und was ist heute noch davon übriggeblieben? Passend zu diesen Grundsatzfragen können Sie nachfolgend einen Bericht einer Schülerin aus der Q2 lesen.

Verdun ist eine Stadt in Frankreich, bei der im Ersten Weltkrieg eine bedeutende Schlacht stattgefunden hat. Die etwa 300 Tage lange Schlacht von Verdun, auch als „Hölle von Verdun“ bezeichnet, war mit mehr als 300.000 Todesopfern und 50 Millionen Tonnen verschossener Munition die grausamste Schlacht des Ersten Weltkrieges. Deutschland und Frankreich versuchten in diesem Stellungskrieg, unter möglichst wenigen Opfern auf der eigenen Seite möglichst viel Land einzunehmen. Dies führte beispielsweise zu Situationen mit Opferzahlen in Höhe von 15.000 Toten für 20 Meter Land, die wenig später wieder zurückerobert wurden.
Wie jedes Jahr gab es auch in diesem Jahr die Möglichkeit für Schülerinnen und Schüler der Q2, an der Fahrt nach Verdun des Geschichts-LK teilzunehmen, um diesen geschichtsträchtigen Ort zu besuchen und viel darüber zu lernen. Die Fahrt der 35 Schülerinnen und Schüler fand vom 5. bis zum 6. Juli 2024 unter Begleitung von Herrn Ufkes, Herrn Bonsels und Frau Jensen statt. Ein großer Dank gebührt an dieser Stelle dem Reiseführer Pierre, der die Führungen spannend und unterhaltsam gestaltete und auf alle Fragen eine Antwort wusste.
Bereits der erste Programmpunkt, die Besichtigung eines riesigen Soldatenfriedhofs und des 1929 erbauten Beinhauses von Douaumont sorgte bei einigen Schülerinnen und Schülern für ein beklemmendes Gefühl. Die Knochenberge der unidentifizierten Soldaten, die durch die Fenster betrachtet werden konnten, ließen zusammen mit der großen Fläche des Friedhofes die Dimension der Schlacht erahnen. Auffallend war die Berücksichtigung der Religion bei der Beerdigung. Ein Großteil der Gräber bestand aus weißen Kreuzen, allerdings gab es auch einen Teil des Friedhofs, auf dem muslimische Soldaten mit einem in Richtung Mekka orientierten Grabstein beerdigt wurden. Teile des Friedhofes wurden, ebenso wie das jüdische Denkmal von 1938, erst später eingerichtet. Bis heute wird die Erinnerung an die Schlacht und das Gedenken der Toten aufrechterhalten, wie zum Beispiel mit verschiedenen Gedenkveranstaltungen mit französischen und deutschen Staatsoberhäuptern. Dazu zählt beispielsweise das Treffen zwischen dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl und dem französischen Präsidenten François Mitterrand vor 25 Jahren an diesem Ort.
Einen weiteren Aktualitätsbezug stellt das Schlachtfeld als Fundort dar: Bis heute werden auf den Schlachtfeldern von Verdun Knochenreste von gefallenen Soldaten, aber auch Reste von Blindgängern gefunden.
Nicht nur deshalb ist die Schlacht heute noch so präsent, sondern auch deshalb, weil sie in der Gegend von Verdun endgültige Zerstörung gebracht hat: Besonders eindrucksvoll konnte dies in einem der ehemaligen Dörfer namens „Fleury devant Douaumont“ festgestellt werden, das in der Schlacht komplett ausgelöscht worden ist. Wo einst ein Dorf war, können hier heute nur noch Bombentrichter, also kleine Senken betrachtet werden. Anhand dieser Bombentrichter lässt sich die Dichte und hohe Anzahl der Explosionen in der Schlacht erahnen. Zum Gedenken an die grausame Auslöschung des Ortes, der für viele Menschen eine Heimat bedeutet hatte, gibt es eine kleine Kapelle und auch heute noch sogar einen Bürgermeister für das Dorf ohne Einwohner.
 
Nach der Besichtigung von Fleury stand das Fort du Douaumont auf dem Programm. In diesem Fort verschanzten sich zur Zeit des Ersten Weltkrieges zunächst französische Soldaten vor den Deutschen und nach Einnahme durch die Deutschen, die deutschen Soldaten vor den Franzosen. Die Soldaten konnten das Fort nur selten verlassen, da außerhalb des Gebäudes keine Deckung vor den Geschossen der Feinde bestand und man sich so in Todesgefahr befand. Allein schon die Vorstellung davon, wie die Soldaten in den kalten, dunklen und feuchten Bunkern unter der Erde leben mussten, jagte vielen Schülerinnen und Schülern einen Schauer über den Rücken. Unvorstellbar muss der Lärm der Explosionen der auf den Bunker treffenden Granaten und die ständige Angst vor dem Tod gewesen sein. Die Betrachtung der Gedenkstätte von 600 in einer Explosion umgekommener Soldaten, die teilweise jünger waren als die Schülerinnen und Schüler selbst, war für viele sehr bedrückend. Pierre führte nach einem Moment des Gedenkens der Opfer die Gruppe wieder ans Tageslicht, wo alle über die im Vergleich zum kühlen und feuchten unterirdischen Klima sommerliche Luft erleichtert waren.
Bei warmem und sonnigem Wetter wurde abends das EM-Viertelfinale zwischen Spanien und Deutschland angeschaut. Der Ausgang dieses Spiels – zusammen mit leichter Schadenfreude bei Pierre – sorgte für einigen Frust.
Als sehr aufregend und ergreifend wurde die Show „Des Flammes á la Lumiére“ empfunden. In der nächtlichen Show in einem alten Steinbruch wurde durch Geräuscheffekte, Qualm und Projektionen, aber auch Schauspiel, der Kampf im Ersten Weltkrieg erlebbar gemacht.
Sehr ergreifend waren für viele der Schülerinnen und Schüler auch die Darstellung der Menschen zuhause, die Familienmitglieder schmerzlich vermissten.
Am Tag darauf, dem zweiten und letzten Tag der Exkursion, fand eine Fahrt nach Vauquois statt, wo es für die Gruppe die einzigartige Möglichkeit gab, die unterirdischen Gänge und Minen der deutschen Soldaten zu erkunden. Diese Minen befinden sich unter einem damals aufgrund seiner Lage und des damit einhergehenden Ausblicks strategisch wichtigen Hügel. Um diesen Hügel zu erobern, wurden hier im Ersten Weltkrieg Gänge gegraben, um jeweils den Gegner zu untergraben und seine Gänge zu sprengen. Dabei entstand ein riesiges, auf deutscher Seite mehr als vierstöckiges Gangsystem unter der Erde. Alle Besucher erhielten für die von Pierre geleitete Führung einen Helm und eine Taschenlampe, denn die unebenen Felsstufen am Boden sowie die niedrigen Decken machen den Eintritt in die Gänge nicht ganz ungefährlich.
Unter der Erde erklärte Pierre, wie das Leben in diesen Gängen aussah: In 8-Stunden-Schichten mussten die Soldaten verschiedene Dienste leisten, wie beispielsweise Gänge graben, und durften sich ausruhen. Da die Soldaten auf bestimmte Zeit in den Gängen wohnten, konnten auch Zimmer mit Betten besichtigt werden. Aufgrund der hohen Feuchtigkeit konnten die Soldaten keine Matratzen verwenden, sondern mussten auf heute noch erhaltenen Gittern schlafen. Die Vorstellung einer derartigen Situation, in der Soldaten in ständiger Angst, ohne Tageslicht, aber in Kälte und Feuchtigkeit körperlich hart arbeiten mussten und in ihren Pausen in unbequemen Betten schlafen mussten, war beklemmend.
Umso erstaunlicher war für die Gruppe der Bericht über den Fund vieler Glasflaschen in den Zimmern, die laut Laboranalysen mit Sprudelwasser gefüllt waren. Anscheinend sollte das extra für die Soldaten angelieferte Sprudelwasser bei ihnen trotz ihrer misslichen Lage für ein Heimatgefühl sorgen.
 
Aufgrund des geringen Platzangebotes in den Minen konnte immer nur je eine Hälfte der Gruppe gleichzeitig die unterirdischen Gänge besichtigen. Die je andere Hälfte unternahm eine Wanderungrund um den auf beiden Seiten so begehrten Hügel. Auch dabei konnten Bombentrichter betrachtet werden, die das Erscheinungsbild der Landschaft vermutlich maßgeblich verändert haben.
Auf den Fahrten mit dem Bus zu den Stationen der Reise hatte Pierre zu verschiedenen Orten eine Erklärung parat. Beispielsweise wurde eine der Straßen, die der Bus nahm, die „Voie Sacrée“ im Ersten Weltkrieg nicht mit Lastkraftwagen befahren, da dies aufgrund der Gefahr durch Beschuss zu gefährlich war. Da die Straße nach Verdun allerdings als Transportweg für Waren und Soldaten an die Front unerlässlich war, mussten Soldaten die Güter in einem langen Fußweg zum erwünschten Ort bringen. Bevor die wertvollen Lastkraftwagen dem Beschuss zum Opfer fielen, wurden stattdessen die Leben der Soldaten geopfert!
Innerhalb dieser beiden spannenden Tage haben alle Beteiligten nicht nur viel Neues gelernt, sondern sind auch bei vielen Programmpunkten emotional berührt worden. Der Besuch in Verdun hat den Schülerinnen und Schülern eindrucksvoll vor Augen geführt, welche grausamen Konsequenzen Krieg hat und wie wichtig daher die Bewahrung von Frieden ist. Dabei spielt die Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland eine große Rolle, die die Schülerinnen und Schüler des JGH als Gastfreundschaft bei dieser Exkursion erleben durften.
 
Frieda Reimann, Q2I

 

 

 

 

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